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Gezielte Förderung statt Wahlkampfgetöse

von Rainer Lotz · 22.08.2018

Am 10.8. 2018 erschien in der Wertheimer Zeitung ein Artikel von Matthias Schätte mit dem Titel „Pauken statt Sommerferien“. Es handelt sich um einen Ferienintensivkurs der VHS Wertheim für junge Geflüchtete in der Anschlussunterbringung, welche die berufsvorbereitenden Bildungsgänge (VAB, AVdual, BEJ und VABO)  besuchten und nun eine Option auf einen Ausbildungsplatz haben bzw. um Jugendliche, die nach den Sommerferien in die einjährige Berufsfachschule gehen. Die meisten von ihnen sind 2015 als unbegleitete Jugendliche nach Deutschland geflüchtet.

Das Projekt ist aus verschiedenen Gründen bemerkenswert. Es kam zustande durch ein erfolgreiches Zusammenwirken verschiedener Personen und Institutionen, welches es ermöglichte, ein Angebot des Landes Baden-Württemberg zur Förderung der Ausbildung von jungen Flüchtlingen zu nutzen. Beteiligt waren u.a. das LRA Tauberbischofsheim, Mirko Göbel vom Beruflichen Schulzentrum Wertheim, wo die Kursteilnehmer ihren Hauptschulabschluss machten, Georgitta Szabo, Geschäftsführerin der VHS Wertheim, Christof Schröder, Integrationsmanager bei der Stadt Wertheim und nicht zuletzt die Unterrichtenden der VHS Wertheim.

Wie sich in den vergangenen Jahren gezeigt hat, stellt eine Ausbildung mit dem dazugehörigen Berufsschulbesuch für Zuwanderer eine gewaltige Herausforderung dar. Insbesondere das Leseverständnis und der schriftliche Ausdruck genügten häufig nicht den Anforderungen. Für die Teilnehmer bietet dieser Kurs eine Chance, sich auf ihre Ausbildung in verschiedenen Betrieben ab September noch einmal gezielt sprachlich vorzubereiten.

Dafür opfern sie einen Großteil ihrer Sommerferien nach ihrem letzten Hauptschuljahr. Wie zu erwarten, gab es im Vorfeld Zweifel an ihrer Bereitschaft, konsequent mitzuarbeiten. Nicht zuletzt das über die vergangenen drei Jahre gewachsene Vertrauen zu ihren Lehrern, Betreuern und  Dozenten an der VHS war die Basis für die notwendige Kontinuität. Auch die Lehrkräfte der VHS mussten nicht nur auf ihre Urlaubstage verzichten. Die Altersgruppe, die Zusammensetzung und nicht zuletzt die Ziele bei diesem Kurs unterscheiden sich deutlich von den sonst üblichen Deutschkursen für Zuwanderer. Die Geschäftsführung der VHS musste ebenfalls für die Finanzierung des Kurses neue Wege gehen und die erforderlichen Nachweise und eine gewisse Risikobereitschaft erbringen. Alle Beteiligten bewegen sich bei diesem Unternehmen auf Neuland hinsichtlich der  Organisation, Durchführung und den Inhalten des Kurses und scheuten weder einen erheblichen Aufwand noch die Möglichkeit, dabei zu scheitern.

Insgesamt belegt das Projekt eine zunehmende Professionalisierung bei der Eingliederung von Geflüchteten. Freiwillige Helfer, angestellte Mitarbeiter gerade im Bildungsbereich, Firmen und Institutionen haben inzwischen aus ihren Erfahrungen und Fehlern gelernt. Sie unterstützen und entwickeln durchdachte Wege zur Integration. Der beschriebene Kurs ist beispielhaft für den Willen und die Fähigkeiten zu gezielten Maßnahmen, die wirksam die berufliche und soziale Eingliederung junger Menschen in unserem Land voranbringen. Darin sehen wir eine vorbildliche praktische Alternative zu ‚Asylstreit‘ und ähnlichen fehlgeleiteten und irreführenden Debatten, mit denen ein Großteil unserer politischen Eliten sich selbst – und uns – von sinnvollem Handeln ablenkt!